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 10 Fragen an Stefan Dorra

27.03.2016

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Stefan Dorra

Spieleentwickler

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Gum Gum Machine

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Meduris

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Pergamon

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Valletta

Hallo Herr Dorra, Danke, dass Sie dem Interview zugesagt haben.

 Seit 1992 sind Sie nun als Entwickler tätig und man kann Sie als Urgestein der Brettspielszene bezeichnen. Welche Unterschiede können Sie im Hinblick auf die Brettspielszene zwischen 90ern und aktuell (2016) ausmachen? Würden Sie sogar sagen: Früher war alles besser ;)?

Na ja, 1992 war die Szene noch sehr viel kleiner und übersichtlicher. In Göttingen, Essen und Nürnberg war alles etwas entspannter. Die Erstauflagen der meisten Spiele waren höher als heute und die Spiele verweilten auch länger in den Verlagsprogrammen. 

Aber es war sicherlich nicht alles besser. Ich sehe in den letzten Jahren sehr viele positive Entwicklungen, die die ganze Brettspielszene sehr bereichert haben und mich als Spieler und Autor sehr interessieren. Dazu gehören viele kleine Verlage mit einer fantastischen Auswahl an neuen Spielen, Kooperationen zwischen deutschen und ausländischen Verlagen, diverse Spieleveranstaltungen, Spieletage und Spielewochenenden, zu denen sich spielbegeisterte Menschen zusammenfinden, um mehrere Tage und Nächte miteinander zu spielen. Ich habe erst vor 10 Tagen am Spielewochenende der Letteraner Brettspielgruppe in Schneverdingen teilgenommen und ich nehme u. a. auch immer sehr gern am "Löwenherz-Con" teil, der von Johannes Grimm organisiert wird. 

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Sie haben bereits mit etlichen Spieleverlagen kooperiert. Ist Ihnen eine bestimmte Kooperation besonders im Gedächtnis geblieben, die sich von anderen Kooperationen abhebt?

Durch das Internet und die sozialen Medien ist es mittlerweile einfacher geworden, mit ausländischen Verlagen zusammen zu arbeiten. In den letzten Jahren gab es eine sehr gute Zusammenarbeit mit den französischen Verlagen "Iello" und "Igiari", sowie mit dem niederländischen Verlag "White Goblin Games". Ich empfand insbesondere die Zusammenarbeit mit Jonny de Vries und Jeroen Hollander von "White Goblin" als sehr kooperativ, da ich bei allen Entscheidungen mit einbezogen wurde. Bei "White Goblin Games" wird dieses Jahr noch ein Brettspiel erscheinen, auf das ich mich schon sehr freue.

White goblins games Spieleverlag
In dem Interview mit Inka & und Markus Brand teilte uns das Autorenduo mit, dass das Spiel "Medina" zu Ihren Lieblingsspielen gehört. Sie haben "Medina" im Jahre 2001 entwickelt, wobei es 2014 überarbeitet wurde. Würden Sie ebenfalls sagen, dass dieses Spiel eines Ihrer Highlights ist? Wenn ja, was zeichnet das Spiel aus?

Ja, "Medina" gehört sicherlich zu meinen Lieblingsspielen. Es handelt sich um ein Brettspiel, bei dem alle Spieler gemeinsam eine orientalische Stadt mit Palästen und Ziegenställen, mit Stadtmauern und Marktständen aufbauen. Kommt ein Spieler zum Zug, so muss er 2 beliebige Holzteile einsetzen und kann dabei beispielsweise eine Mauer und einen Palast erweitern. Zudem besitzt jeder Spieler 4 Kuppeldächer, mit denen er 4 verschiedene Paläste in Besitz nehmen kann. Es kommt darauf an, Paläste zu erhalten, die möglichst groß sein sollten und die insbesondere an die Marktgasse, bzw. an eine Stadtmauer angrenzen sollten. In der neuen "Medina-Ausgabe" von "White Goblin Games" gibt noch weitere Spielmaterialien, wie einen punkteprächtigen Brunnen und 6 Plättchen "Teepause", die man im Spielverlauf erspielen kann. Zudem gibt es auf der Rückseite einen etwas kleineren Plan, der sich sehr gut für das Spiel zu zweit eignet.

Einige Ihrer Spiele werden nach Jahren immer wieder mal neu aufgelegt. Wie wichtig ist eine solche Neuauflage, welche Vorteile oder Schwierigkeiten bringt dies mit? Können Sie konkrete Beispiele geben?

Bei all diesen Neuauflagen ging die Initiative von den Redakteuren verschiedener Spielverlage aus. Ich wurde gefragt, ob die Rechte an dem ein oder anderen Spiel verfügbar seien. Manchmal gab es konkrete Ideen, das Spiel in einer bestimmten Art und Weise neu herauszugeben.

So hatte beispielsweise Gordon Li (Jolly Thinkers aus Hongkong) die Idee mein Spiel "Alles im Eimer", das zuvor bei "Kosmos" erschienen war, als Bucket Kind 3D mit echten kleinen Eimern herauszugeben. Die Spieler bauen dort dreidimensionale Pyramiden aus kleinen Eimern. Muss ein Spieler beispielsweise einen blauen Eimer entfernen, so muss er diesen mit dem Finger aus seiner Pyramide schnippen und er verliert zusätzlich alle Eimer, die ebenfalls aus der Pyramide fliegen. Seit kurzem gibt es diese 3D-Version auch bei "Kosmos", erneut unter dem Titel "Alles im Eimer".

Dadurch dass "Iello" die Kartenspiele "Njet" und "For Sale" neu herausgegeben hat, sind diese Spiele jetzt in mehreren europäischen Ländern verfügbar, in denen sie bisher noch nicht erschienen waren.Ein weiteres positives Beispiel wäre mein Kartenspiel "Die sieben Siegel". "Amigo" hat das Spiel als "Wizard extreme" neu veröffentlicht. Es erhielt eine neue ansprechende Grafik, eine kleinere Schachtel mit einem attraktiven Preis und gehört seitdem zu meinen erfolgreichsten Spielen.

Sie haben mit Ihren Spielen bisher sehr viele Nominierungen erhalten. Wie sehr reizt Sie es, den Deutschen Preis "Spiel des Jahres", "Kennerspiel des Jahres" oder "Kinderspiel des Jahres" zu gewinnen?

Ich freue mich über jede Nominierung und den Titel zu gewinnen, wäre für mich so etwas wie ein Ritterschlag in der Spieleszene.

Sie entwickeln u.a. auch Kinderspiele. Was macht Ihnen in der Entwicklungsphase besonders Spaß und welche Schwierigkeiten ergeben sich im Gegensatz zu Familienspielen?

Ich muss gestehen, dass die Initiative zu den Kinderspielen fast immer von Manfred Reindl, einem Freund aus Österreich, ausgegangen ist. Ich selbst beschäftige mich meist lieber mit Brett- und Kartenspielen für eine etwas ältere Zielgruppe. Aber Manfred Reindl kontaktiert mich oft, wenn er eine interessante Idee hat, bei der er irgendwie nicht weiterkommt. Gemeinsam klappt es dann oft besser. 

Das Besondere ist dabei nicht so sehr, dass es hier um Kinderspiele geht, sondern die Zusammenarbeit mit einem anderen Autor. Es macht einfach Spaß, Ideen in verschiedenen Spielgruppen in Österreich und Norddeutschland zu testen und sich dann über die Spielverläufe auszutauschen und nach Lösungen für etwaige Probleme zu suchen. Auf unser neuestes gemeinsames Werk "Dschungelbande", das gerade bei Kosmos erschienen ist, bin ich besonders stolz. 

Eine Frage für Strategen unter uns: Kann man in naher Zukunft auch ein Spiel von Ihnen erwarten, das hochstrategisch ist, seine 2 Stunden Spielzeit benötigt und einen völlig auslaugt? ;)

Ich spiele durchaus auch gern komplexere und längere Spiele, wie beispielsweise "Tzolkin", "Lewis & Clark", "Orléans" oder jüngst "Mombasa".

Bei meinen eigenen Spielentwicklungen bin ich aber eher darum bemüht, das Spiel etwas weniger komplex zu gestalten und die Spielregel möglichst kurz zu halten. Ich versuche Regeln zu vermeiden, die nur sehr selten oder in wenigen Situationen zur Anwendung kommen.

Am liebsten beschäftige ich mich derzeit mit etwas anspruchsvolleren Familienspielen, die oft eine Spieldauer von etwa 60 bis maximal 90 Minuten haben. In den nächsten 12 Monaten werden drei solcher etwas anspruchsvolleren Familienspiele erscheinen, und zwar bei "Hans im Glück", "Haba" (!) und "White Goblin Games". Aber völlig auslaugen werden einen diese Spiele sicherlich nicht. ;-)

Mombasa Spiel
2015 ist Ihr Brettspiel "Gum Gum Machine" beim Verlag "Huch & Friends" erschienen. Können Sie den Lesern und Leserinnen umfassende Einblicke in die Entstehungsgeschichte geben?

Das Spiel ist in Zusammenarbeit mit Ralf zur Linde erschienen. Es handelt sich um ein eher einfaches, aber sehr atmosphärisches Maschinenspiel, bei dem die Spieler auf dem Spielplan Schalter umlegen, Schieber betätigen und an Knöpfen drehen, um die Maschine kennenzulernen und um möglichst wertvolles Gum-Gum zu produzieren. Die Entwicklung dieses Spieles hat viele Jahre gedauert. Es gab diverse Prototypen, die gemeinsam mit Ralf immer wieder umgearbeitet wurden. Letztendlich ist ein typisches Familienspiel mit einem gewissen Glücksanteil entstanden, bei dem oftmals jüngere Mitspieler im Vorteil sind, die sich die Positionen bestimmter Schalter und Symbole gut merken können.

Sie haben einen enormen Output an Spielen. Sind Sie hauptberufliche als Autor tätig? Wenn nein, wie vereinen Sie Beruf und die Entwicklung von Spielen? Und wie schaffen Sie es mehrere Spiele in einem Jahr marktreif zu entwickeln?

Ich arbeite als Sprachtherapeut an einer Förderschule in Hannover mit körperbehinderten Schülern. Das Spieleerfinden ist für mich ein spannendes Hobby, dem ich gern viel Zeit widme. An einigen Spielideen feile ich jahrelang, andere sind in wenigen Wochen fertig.

Welches Spiel von anderen Autoren würden Sie Vielspielern/Familienspielern empfehlen und warum?

Einige Spiele, die bei uns besonders häufig auf den Spieltisch kamen, und die ich auch anderen Spielern empfehlen würde, wären die folgenden:

 

"Auf den Spuren von Marco Polo" von Daniele Tascine & Simone Luciani.

Ein tolles Brettspiel, nicht nur für Vielspieler, das meiner Meinung nach zu Recht den Deutschen Spielepreis gewonnen hat.

 

"Deus" von Sébastien Dujardin. Ein Spiel, das insbesondere im Spiel zu zweit viele taktische und strategische Möglichkeiten bietet und eigentlich mehr Beachtung verdient hätte.

 

"Patchwork" von Uwe Rosenberg, ein kleines, schnelles, spannendes Zwei-Personen-Spiel.

 

"Isle of Skye" von Alexander Pfister & Andreas Pelikan, ein abwechselungsreiches Legespiel mit variablen Wertungsbedingungen.

 

Und als Liebhaber von Stichspielen muss ich unbedingt noch "Ugo" von Thomas Jansen, Ronald Hoekstra & Patrick Zuidhof empfehlen. Wir haben in unserer Spielrunde noch eine Zusatzregel eingefügt. Bevor ein Spieler seine erste Karte ausspielt, kann er "3" ansagen. Dann erhält er für dieses Spiel genau 3 Punkte, egal, ob er zum Schluss 20 Pluspunkte oder 25 Minuspunkte erzielt. Es gibt doch häufig Blätter, mit denen man nur Punkte verlieren kann.

Wer dies von Anfang an erkennt, kann 3 ansagen.

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